Selbst handeln – aber wie?
Klar, gegen Antisemitismus vorgehen ist eine super Sache. Das finden die meisten. Aber wie kann man im Alltag den guten Willen in die Tat umsetzen? Hier findest du eine Liste mit Tipps.
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Tipp 1: Bei sich selbst anfangen
In der Gesellschaft, in der wir leben, sind antisemitische Einstellungen seit vielen Jahrhunderten tief verankert. Wir alle wachsen mit judenfeindlichen Bildern auf und werden von ihnen geprägt – oft ohne es zu merken. Es ist daher wichtig, sich zu fragen: Welche Vorstellungen habe ich eigentlich von Jüdinnen:Juden? Und woher habe ich sie?
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Tipp 2: Zuhören
Jüdinnen:Juden sind von Antisemitismus betroffen. Ihnen fällt daher meistens schon viel früher als anderen auf, wenn ihr Gegenüber Vorurteile hat. Es ist wichtig, das im Kopf zu behalten. Denn nicht immer ist allen sofort klar, dass etwas antisemitisch ist. Oft sind Jüdinnen:Juden, die auf problematische Vorfälle aufmerksam machen, daher mit blöden Sprüchen konfrontiert: „Das war doch nur Spaß“ oder „Sei doch nicht so sensibel“. Nimm Betroffene stattdessen ernst und spiele ihre Einschätzungen nicht herunter!
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Tipp 3: Unterstützen
Oft steht zunächst die Person, die sich diskriminierend äußert oder handelt, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Klar, denn man will die Person stoppen und ihr die Meinung sagen. Darüber darf man aber nicht vergessen, auch auf diejenigen zu achten, die von der Diskriminierung direkt betroffen sind. Du kannst dich zum Beispiel neben die Betroffenen stellen, um deutlich zu machen, dass du auf ihrer Seite stehst. Bei Vorfällen im Internet kannst du angegriffene Personen auch mal direkt anschreiben, um zu sagen, dass sie nicht alleine sind.
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Tipp 4: Diskutieren
Es ist sehr gut, wenn man menschenverachtende Einstellungen mit überzeugenden Argumenten widerlegen kann. Gerade Menschen aus dem Freund:innen- oder Familienkreis kann man damit vielleicht erreichen und langfristig umstimmen. Durch Diskussionen kann man hasserfüllten Menschen allerdings auch eine zusätzliche Bühne geben. Hater und Trolls im Internet nutzen solche Gelegenheiten gerne, um noch mehr menschenverachtenden Content zu produzieren. Mach es von der Situation abhängig, ob du in eine Diskussion einsteigst oder lieber nur ein einfaches, aber klares Stopp signalisierst.
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Tipp 5: Widersprechen
Selbst wenn es vielleicht nicht der richtige Moment für eine Diskussion ist: Widersprechen ist immer notwendig. Denn wer sich diskriminierend äußert oder verhält und dafür keinen Widerspruch kassiert, fühlt sich bestärkt. Auf dem Schulhof oder online bekommen außerdem auch viele andere die Diskriminierung mit. Dadurch kann es einen Gewöhnungseffekt geben: Wenn diskriminierendes Gerede und Verhalten unwidersprochen bleibt, wird es mit der Zeit immer mehr als etwas Normales wahrgenommen. Auch deshalb ist es wichtig klarzumachen, dass so etwas nicht ok ist – und möglichst auch Gründe dafür zu nennen.
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Tipp 6: Sich trauen
Manchmal ist Widersprechen gar nicht so einfach. Sicherlich ist es nicht leicht, sich gegen Freund:innen oder Familie zu wenden. Bei Kritik an Aussagen von z. B. Chefin oder Lehrer hat man vielleicht negative Konsequenzen zu befürchten. Außerdem besteht das Risiko, selbst das Ziel von Anfeindungen zu werden. Aber frage dich trotzdem immer: Wie würdest du dich gerade in der Lage des Opfers fühlen? Für andere einstehen ist wichtig. Du würdest dir dasselbe wünschen. Besonders schwierig ist es natürlich, wenn es sich um eine aggressive Situation handelt, die in körperliche Gewalt umschlagen könnte. Falls du dich durch ein direktes Eingreifen selbst in Gefahr bringen würdest, versuche auf anderen Wegen Hilfe zu finden. Achte auf deine Sicherheit!
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Tipp 7: Hilfe holen
Oft ist es hilfreich, wenn man nicht allein dasteht. Bitte Umstehende um Unterstützung. Sprich die Leute dabei einzeln an. Der allgemeine Aufruf „Kann mir jemand helfen?“ zeigt nicht so viel Wirkung wie eine direkte Ansprache. In öffentlichen Verkehrsmitteln kannst du dich außerdem an den:die Fahrer:in wenden. Bei gewalttätigen Vorfällen hilft es manchmal nur noch, die Polizei zu rufen.
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Tipp 8: Melden und anzeigen
Jeden Tag geschehen in Deutschland antisemitische Straftaten. Solltest du Zeug:in werden, versuche dir das Geschehen genau einzuprägen. Für eine Anzeige könnte deine Aussage später wichtig sein. Auch bei antisemitischen Vorfällen, die nicht unter das Strafgesetz fallen, kannst du etwas tun: Auf der Seite report-antisemitism.de von RIAS kann man neben Straftaten auch solche Vorfälle ganz einfach online melden. Dadurch wird sichtbar, wie viel antisemitischer Hass in unserer Gesellschaft vorhanden ist und wie er sich äußert. Diese Informationen sind für Polizei und Politik wichtig.
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Tipp 9: Beratungsstellen kontaktieren
An wen kannst du dich wenden, wenn du selbst oder jemand, den du kennst, von einem antisemitischen Vorfall betroffen ist? Als Betroffene, Freund:in oder Angehörige kannst du dich kostenlos an die Beratungsstelle OFEK (ofek-beratung.de) wenden. Hier erhältst du psychologische Unterstützung, kannst rechtliche Fragen klären und dich zum Beispiel zu Gesprächen mit der Schule, der Arbeitsstelle oder auch der Polizei begleiten lassen.