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Auschwitz
Ab 1940 ließen die deutschen Nationalsozialisten auf besetztem polnischem Gebiet das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz errichten. Wissenschaftlichen Forschungen zufolge wurden hier 1,1 bis 1,5 Millionen Menschen ermordet – 90 Prozent von ihnen waren Jüdinnen:Juden. Die meisten Menschen, die im Lager ankamen, wurden sofort in Gaskammern ermordet, ihre Leichen verbrannt. Andere mussten unter unmenschlichen Bedingungen Zwangsarbeit leisten, die aufgrund von Erschöpfung, Hunger, Krankheiten und Misshandlungen kaum jemand überlebte. Als größtes Vernichtungslager ist Auschwitz weltweit zum Symbol des nationalsozialistischen Massenmords an Jüdinnen:Juden geworden.
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Christliche Judenfeindschaft
Das Christentum hatte sich aus der jüdischen Religion entwickelt. Um an Eigenständigkeit und Einfluss zu gewinnen, richtete sich die christliche Glaubensströmung aber bald aggressiv gegen Jüdinnen:Juden. Zum Kernbestand der christlichen Judenfeindschaft gehört die Behauptung, dass „die Juden“ Jesus ermordet hätten (obwohl er in Wahrheit von den Römern hingerichtet wurde). Damit seien sie „Gottesmörder“ und für alle Ewigkeit verflucht. Im Mittelalter kamen immer weitere Anschuldigungen und Lügengeschichten hinzu. Auch die rechtliche Lage von Jüdinnen:Juden verschlechterte sich in dieser Zeit deutlich. Die christliche Judenfeindschaft war immer wieder Hintergrund für Vertreibungen und mörderische Verfolgung. Viele Vorstellungen, die der jahrhundertealten christlichen Judenfeindschaft entspringen, sind bis heute noch im Antisemitismus zu finden.
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Corona-Leugnung
Im Frühjahr 2020 trat in großen Teilen der Welt die bisher unbekannte Krankheit COVID 19 auf, die viele Todesopfer forderte. Auf die neuartige Bedrohung reagierten einige Menschen mit Verleugnung: Sie behaupteten, die Krankheit werde künstlich aufgebauscht und sei gar nicht gefährlich. Diese Corona-Leugner:innen erfanden ganz unterschiedliche und immer verrücktere Verschwörungstheorien über COVID 19 sowie über die Schutzimpfungen, die dagegen entwickelt wurden. Viele der Verschwörungstheorien richteten sich gegen Jüdinnen:Juden.
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„Goldene Internationale“
Dieser Begriff ist seit den 1870er Jahren Ausdruck für die antisemitische Vorstellung von einer internationalen jüdischen Finanzelite, die nach Weltherrschaft strebt. „Internationale“ war eigentlich der Name eines weltweiten Zusammenschlusses von sozialistischen Arbeiterorganisationen. Der Begriff „Goldene Internationale“ wurde gewählt, weil in der antisemitischen Verschwörungstheorie Jüdinnen:Juden sowohl für Kapitalismus als auch für Sozialismus verantwortlich sind – obwohl das einander entgegengesetzte Gesellschaftsformen sind.
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Holocaust
Der Begriff Holocaust ist vom griechischen Wort „holókaustus“ abgeleitet und bedeutet „völlig verbrannt“. Er bezeichnet den nationalsozialistischen Massenmord an etwa 6 Millionen europäischen Jüdinnen:Juden. Häufig wird statt Holocaust auch der aus dem Hebräischen stammende Ausdruck Shoah (hebräisch הַשּׁוֹאָה haSchoa = die Katastrophe, das große Unglück/Unheil) verwendet.
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Islamische Judenfeindschaft
Mohammed (ca. 570-632 n. Chr.), der Begründer des Islam, stand dem Judentum zunächst wohlwollend gegenüber. Später kam es zu Auseinandersetzungen mit jüdischen Stämmen aus Medina, bei denen viele Jüdinnen:Juden getötet wurden. Aus der Niederlage der jüdischen Stämme wurde in der islamischen Überlieferung das Vorurteil von Feigheit und Schwäche konstruiert. Im islamischen Herrschaftsbereich hatten Jüdinnen:Juden (wie auch christliche Gläubige) fortan einen untergeordneten Status: Sie mussten Sondersteuern zahlen und unterlagen Diskriminierungen, ihre Religion konnten sie aber frei ausüben. Im Koran, der heiligen Schrift des Islam, gibt es Passagen, die eine positive Haltung gegenüber Jüdinnen:Juden ausdrücken. Es existieren aber auch viele Verse, in denen sie als Feinde dargestellt und herabgewürdigt werden. Mit dem Koran lassen sich also ganz unterschiedliche Haltungen begründen.
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Islamismus
Der Islamismus ist eine Form des politisch-religiösen Extremismus, die sich auf eine radikale Auslegung des Islam bezieht. Im Islamismus soll die Religion nicht nur im privaten und individuellen Bereich gelten, sondern auch die politische und gesellschaftliche Ordnung bestimmen. Die eigene Auslegung des Islam wird also über demokratische Grundsätze gestellt. Zu den zentralen Elementen des Islamismus gehört in der Regel auch Antisemitismus.
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Israel
Israel ist ein kleines Land an der östlichen Mittelmeerküste mit etwa 9 Millionen Einwohner:innen. Etwa 75 Prozent der Israelis sind jüdisch, 20 Prozent sind arabisch. Daneben gibt es noch verschiedene kleinere nationale und religiöse Minderheiten. Der israelische Staat wurde 1948 gegründet und ist eine parlamentarische Demokratie. Als einziges Land der Welt mit einer jüdischen Bevölkerungsmehrheit ist Israel auch Ziel von Antisemitismus. Dieser israelbezogene Antisemitismus gehört heute zu den am weitesten verbreiteten Ausdrucksformen von Judenhass.
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Moderner Antisemitismus
Der Begriff bezeichnet neue Formen der Judenfeindschaft, die sich im Laufe des 19. Jahrhunderts durchgesetzt haben. Der moderne Antisemitismus begründet seinen Hass nicht mehr vorwiegend religiös, sondern rassistisch und nationalistisch. Wesentlich für diese Form der Judenfeindschaft ist auch, dass alle möglichen Probleme der modernen Welt auf eine angebliche „jüdische Weltverschwörung“ geschoben werden.
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Nahost-Konflikt
Politischer und militärischer Konflikt zwischen Israel und den arabischen Staaten, besonders aber zwischen Israel und den Palästinenser:innen. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelten sich Konflikte zwischen arabischen und jüdischen Bevölkerungsgruppen, die beide die Gründung eines Nationalstaates im Gebiet zwischen dem Mittelmeer und dem Fluss Jordan anstrebten. 1947 legten die Vereinten Nationen einen Teilungsplan vor, der aber von arabischer Seite abgelehnt wurde. 1948 erfolgte von jüdischer Seite auf einem Teilgebiet die Gründung des Staates Israel. Die Regierungen der umliegenden arabischen Länder erklärten Israel sofort den Krieg, erlitten aber eine Niederlage. Der Krieg führte zu Flucht und Vertreibung von Palästinenser:innen aus israelischem Gebiet, aber auch von Jüdinnen:Juden aus den arabischen Nachbarstaaten. Der Nahost-Konflikt ist bis heute nicht gelöst und eskaliert immer wieder in bewaffneten Auseinandersetzungen und Kriegen. Oft wird die komplizierte Geschichte des Konflikts ausgeblendet, um einseitig Israel die Schuld zuzuschieben. Diese Einseitigkeit steht mit Antisemitismus in Zusammenhang.
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Nation
Der Begriff „Nation“ bezeichnet eine größere Gruppe von Menschen, die ein Gefühl nationaler Zusammengehörigkeit teilt. Ein solches Nationalbewusstsein ist nichts Naturgegebenes, sondern entwickelt sich historisch. Es wird begründet, indem Gemeinsames hervorgehoben (zum Beispiel Sprache, Kultur, Geschichte) und Trennendes ignoriert wird. Denn eigentlich gibt es innerhalb einer Nation Menschen mit ganz unterschiedlichen Interessen und Hintergründen: Es gibt Arme und Reiche, Menschen mit mehr oder weniger Bildung, Junge und Alte, Stadt- und Landbevölkerung und so weiter. Oft wird ein nationales Wir-Gefühl daher auch über Mechanismen der Abgrenzung und des Ausschlusses gestützt: Die Idee der Nation teilt die Welt in „wir“ und „die Anderen“. In der deutschen Nationalbewegung des 19. Jahrhunderts wurde nicht nur gegen angebliche äußere Feinde, wie „die Franzosen“, gehetzt, sondern auch ein Feindbild im Innern aufgebaut: Deutsche Jüdinnen:Juden seien gar keine richtigen Deutschen, sondern würden die deutsche Nation zerstören.
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Rassismus
Rassismus wertet Menschen anhand von äußeren Merkmalen wie Herkunft oder Hautfarbe ab. Als die Europäer:innen im 15. und 16. Jahrhundert Gebiete in anderen Erdteilen für sich entdeckten, begannen sie die Menschen dort auszubeuten und zu unterdrückten. Das rechtfertigten sie mit der Behauptung, dass man die Menschen in unterschiedliche „Rassen“ einteilen könne und dass die „weiße Rasse“ in Europa allen überlegen sei. Im 19. Jahrhundert versuchte man dann diese menschenverachtende Vorstellung mit pseudo-wissenschaftlichen Theorien zu untermauern. Diese rassistischen Theorien wurden bald auch von Antisemiten aufgegriffen. Die Behauptung, dass Jüdinnen:Juden einer anderen, minderwertigen „Rasse“ angehören würden, ist der Kern des „Rassenantisemitismus“, den auch die Nazis vertraten. Heute ist man sich in der Forschung einig: Die Anwendung des Konzepts „Rasse“ auf die Menschheit ist nicht nur gesellschaftspolitisch verhängnisvoll, sondern auch biologisch nicht haltbar.
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Ritualmordlegende
Seit dem 12. Jahrhundert machten erfundene Geschichten die Runde, nach denen Jüdinnen:Juden aus religiösen Gründen Kindermorde verüben würden. Man behauptete sie wollten das Blut von christlichen Kindern für dunkle magische Zwecke nutzen. Immer wieder führten diese antisemitischen Anschuldigungen zu mörderischen Verfolgungswellen gegen die jüdische Bevölkerung.
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Shoah
Der Begriff Shoah ist vom hebräischen Wort „haSchoa“ (הַשּׁוֹאָה) abgeleitet und bedeutet „die Katastrophe, das große Unglück/Unheil“. Er bezeichnet den nationalsozialistischen Massenmord an etwa 6 Millionen europäischen Jüdinnen:Juden. Häufig wird statt Shoah auch der aus dem Griechischen stammende Ausdruck Holocaust (griechisch „holókaustus“ = völlig verbrannt) verwendet.
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Täter-Opfer-Umkehr
Die Behauptung, dass Jüdinnen:Juden selbst schuld an ihrer Verfolgung wären, gehört zum Kern des Antisemitismus: Man selbst sei das eigentliche Opfer „jüdischer Bösartigkeit“ und müsse sich eben wehren. Die Opfer antisemitischen Hasses werden also als Täter:innen dargestellt. So sollen Ausgrenzung, Diskriminierung, Verfolgung und Mord gerechtfertigt werden.
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Vernichtungslager
In Vernichtungslagern wie Auschwitz-Birkenau, Belzec, Chelmno, Majdanek, Sobibor und Treblinka ermordete die deutsche SS und Polizei Millionen von Menschen in einem fast fabrikmäßigen Verfahren. Neben diesen Tötungszentren gab es noch etliche weitere Konzentrationslager, die in erster Linie als Haft- und Zwangsarbeitslager dienten. Auch in diesen starben aber viele Häftlinge, zum Teil aufgrund der Haftbedingungen, zum Teil in systematischen Mordaktionen. Millionen von Menschen wurden zudem außerhalb der Lager bei Massenerschießungen ermordet. Jüdinnen:Juden waren mit fast 6 Millionen Ermordeten die mit Abstand größte Opfergruppe des nationalsozialistischen Terrors.
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Verschwörungserzählung
Anderes Wort für Verschwörungstheorie. Weil „Theorie“ sich nach Wissenschaft anhört, finden viele es besser von Verschwörungserzählungen zu sprechen. Dadurch soll klar werden, dass die Behauptungen nicht wissenschaftlich begründet sind, sondern auf bloßen Vorstellungen beruhen. Daneben gibt es auch noch die Begriffe Verschwörungsmythos und Verschwörungsideologie. Die verschiedenen Ausdrücke haben unterschiedliche Schwerpunkte, beschreiben aber alle ungefähr das Gleiche.
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Wucher
Preise und Zinsen, die man als zu hoch empfindet, bezeichnet man als Wucher. Da die Kirche im Mittelalter Geldverleih gegen Zinsen verbot, wurden alle Zinsen als Wucher bezeichnet. Bereits zu dieser Zeit wurde der Wuchervorwurf zu einem wichtigen Bestandteil von Judenfeindschaft: Allen geschäftlich aktiven Jüdinnen:Juden wurde unterstellt, unehrlich mit Geld umzugehen und andere mit wucherischen Preisen und Zinsen zu betrügen. Dieses alte judenfeindliche Bild findet heute seine Fortsetzung im antisemitischen Vorurteil des „geldgierigen, reichen, kapitalistischen Juden“.
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Zersetzung
Der Begriff bezeichnet eigentlich einen chemischen Prozess, nämlich die Zerlegung und Auflösung eines Stoffes. Im modernen Antisemitismus wurde der Begriff auf Gesellschaft und Politik angewendet: Angeblich wollten Jüdinnen:Juden die Völker „zersetzen“, um die Weltherrschaft zu erringen. Sie würden dabei nicht offen vorgehen: die jüdische „Zersetzung“ würde vielmehr heimlich und langsam wirken.